Der Rücktritt von JAJ

Einer der Retter von Saab, der Vorsitzende Jan Ake Jonsson (JAJ), hat überraschend angekündigt, zum 19. Mai 2011 von seinem Posten als CEO zurückzutreten (Beitrag mit PM). Bis ein Nachfolger gefunden ist, wird Victor Muller den CEO-Posten kommissarisch übernehmen. JAJ wird noch bis zum 1. September 2011 dem Saab-Vorstand angehören, um einen fließenden Übergang zu sichern und Saab weiter zu unterstützen.

JAJ ist am 18. September 1951 in Valdemarsvik geboren. Nach einem Wirtschaftsstudium an der Universität Uppsala war JAJ ab 1973 bei Saab beschäftigt. JAJ war zunächst in der Entwicklungsabteilung in Nyköping aktiv. Seit 1990 war JAJ in verschieden Führungspositionen für Saab und auch für GM tätig, davon die letzten 6 Jahre als Vorstandsvorsitzender der Saab Automobile AB. 2010 erhielt JAJ den Swedish Business Award für seine herausragenden Leistungen.

Jan Ake Jonsson (Foto: © Saab Automobile AB)

Ich bin davon überzeugt, dass jetzt sofort die Spekulationen kommen werden. Zum eine wird behauptet werden, dass JAJ zurückgetreten ist, weil er die (angeblich) angestrebten Verkaufszahlen nicht erreicht hat oder nicht erreichen konnte. Zum anderen wird natürlich vermutet werden, dass es Differenzen zwischen Victor Muller und JAJ gegeben hat. Des weiteren kommen natürlich gleich die Spekulationen, dass Saab am Ende sei und JAJ das sinkende Boot verlassen hätte. Die ersten derartigen Spekulationen breiten sich gerade in der schwedischen Presse aus. Dabei wird auch der selbsternannte Experte Ferdinand Dudenhöffer aktiv, der natürlich wie gehabt den baldigen Untergang von Saab beschwört. Peinlich ist dabei, dass Dudenhöffer noch nicht einmal die aktuelle Entwicklung bei Saab kennt und z.B. davon ausgeht, dass Spyker keine Zulieferer, Produktion, u.ä. hat. Dass Saab ein eigenständiger und vollständig ausgestatter Automobilhersteller mit einer der effektivsten Fabriken weltweit ist, die mit Spyker Automotive produktionstechnisch gar nicht zusammenhängt, hat der Professor wohl bis heute nicht begriffen. Dies ist aber nichts neues, wenn man seine bisherigen Aussagen mal der tatsächlichen Entwicklung gegenüberstellt (siehe auch hier).

Bisher gibt es zu solchen Spekulationen keinerlei Fakten. Der Text der PM von Saab lässt diese Schlüsse, die z.B. unser deutsche Uni-„Experte“ verbreitet, auch nicht zu. Allerdings wird man solche Differenzen auch nicht offiziell bekannt geben. JAJ sagt selbst, dass er in den letzten Jahrens seine Familie kaum gesehen hat und sich mehr um sein Privatleben kümmern möchte. Auch sagt JAJ, dass er seinen Rücktritt mit VM schon lange vor der Ankündigung mit VM und dem weiteren Saab-Vorstand abgestimmt hat.

Dies ist nach meiner Einschätzung sehr glaubwürdig. JAJ hat in den letzten 3 Jahre wohl einen der härtesten Jobs in Europa inne hatte. JAJ hat eigentlich gleichzeitig 3 Jobs ausgeübt. Es muss daher schon extrem anstrengend sein, gleichzeitig mit Käufern über den Verkauf der eigenen Firma zu verhandeln, in langen Gesprächen GM zu überzeugen, Saab nicht zu schließen und dann noch „nebenbei“ das operative Geschäft der Saab Automobile AB zu führen.

Es ist in Schweden durchaus üblich, beruflich für die Familie zurückzustecken. Im Gegensatz zu anderen Staaten ist es z.B. auch bei Männern höheren Positionen unüblich und fast schon gesellschaftlich geächtet, keine Auszeit zur Kindererziehung nehmen. Auch ist es völlig üblich, wichtige Meetings abzubrechen, weil man die Kinder zur vom Kinderhort festgelegten Uhrzeit abholen muss.

Auch wäre der Ablauf bei einem Rausschmiss oder einem Zerwürfnis ein anderer gewesen. In solchen Fällen hätte man sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt sofort „im gegenseitigen Einvernehmen“ getrennt. Gerade dies passiert hier nicht. Auch würde dann nicht JAJ vom Saab-Vorstand und VM in den höchsten Tönen gelobt.

Im übrigen wird von der EIB selbst dementiert, dass man VM wegen der aktuellen Vorgänge bei Saab zu einem Gespräch einbestellt hätte. Die EIB kann keinen ausgewöhnlichen und kreditgefährdeten Vorgang bei Saab erkennen.

Ich danke JAJ für seine aufopferungsvolle Tätigkeit! JAJ hat sich sehr um Saab verdient gemacht und gehörte neben Victor Muller, Wladimir Antonow, Steven Ward (der Swade aus Tasmanien) und weitern Personen zu den Rettern von Saab. Hoch anzurechnen ist ihm auch, dass er im Frühjahr 2010 ein Angebot von Volvo, dort CEO zu werden, abgelehnt hat.

Ich hatte im Mai 2010 die Gelegenheit, JAJ während der Mille Miglia in Italien kurz kennenzulernen und kann auch aus diesem Grund sagen dass der Weggang von JAJ ein echter Verlust für Saab ist. Ich hoffe nur, dass Saab und Victor Muller einen entsprechenden  Ersatz finden können. Laut VM wäre es schön, einen schwedischen Nachfolger für JAJ zu finden. Dies sei aber keine zwingende Voraussetzung.

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